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Bis an die Grenzen - und darüber hinaus

12.07.12
Freestyle
Sommer 2012. Mitte Juni fanden sich die deutschen Freestyle-Asse am Großglockner zu einer Trainingsmaßnahme der „besonderen Art“ zusammen. Bei geführten Skitouren an Österreichs höchstem Berg sollten abseits des alltäglichen Konditions-, Koordinations- und Akrobatiktrainings neue Motivationsreize gesetzt und neue Sinneseindrücke wahrgenommen werden.
Freestyle: Skitouren am Großglockner
Dass sie bei der Skitour sehr wohl auch konditionell ans Limit werden gehen müssen, ahnte zu Beginn der Tour noch keiner der Profisportler. Vier Tage später und zurück im Tal lautete dann allerdings das einhellige Fazit im Team: „Die Erstbesteigung der Eiger Nordwand im Winter muss dagegen ein Kaffeekränzchen gewesen sein“. Und auch DSV-Trainerassistent Patrik Förster räumte nachträglich ein: „Das Ganze als Selbstfindungstrip zu verkaufen, wäre wohl etwas überspitzt - zeitweise wusste ich vor Anstrengung nicht mehr so richtig, wie ich heiße.“

Aufstieg zum Basis-Lager und Skitour-Crashkurs

Schon beim Aufstieg zur „Oberwalder Hütte“ in 3000 Meter Höhe wurde allen Beteiligten schlagartig klar, worauf sie sich eingelassen hatten. Gut dass Bergführer Felix Berkhold, der Himalaja-erfahrene Tour-Guide der Gruppe und Gipfelstürmer mehrerer Achttausender, zuvor das Gepäck der Freizeit-Bergsteiger „optimiert“ hatte. Verwunderte Blicke erntete die Mannschaft erstmals, als sie auf ihrem Weg mit Ski und Stiefeln bepackt und bei 30 Grad im Schatten mehrere Wandergruppen im Eiltempo überholte. Nach einem kurzen Zwischenstopp am Gletscher des Großglockners folgte ein Crash-Kurs im Tourengehen und Fellaufziehen. Dann ging es auf Ski weiter. Und obwohl das „Basislager“ am Großen Burgstall schon zum Greifen nah schien, dauerte es noch bis zum frühen Abend, bis das Nachtquartier bei Hüttenwirt Wolfgang Hackl erreicht war.

Einsteiger-Tour zum Start
Ausgeschlafen ging es tags darauf mit Ski und Steigfell auf den dreieinhalb tausend Meter hohen Johannisberg. Den als Einstimmung geplanten Aufstieg bewältigte die Gruppe mit zwei Seilschaften über die Südseite. Die anschließende Abfahrt erlebten die Freestyler als unvergessliches Ereignis in einer grandiosen Bergwelt. Allen voran die Gruppe der „Schmerzfreien“, die mit Bergführer Felix die von abgehenden Schneebrettern begleitete Abfahrt über die mehr als 45 Grad steile Nordseite gewagt hatten. Pünktlich am Mittag waren alle zurück an der Hütte. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit und unter Anleitung des Bergführers stand am Nachmittag das Bergen eines Abgestürzten aus einer Gletscherspalte auf dem Nachmittagsprogramm.

Skitourengehen für Fortgeschrittene

Am nächsten Tag: gleicher Berg, gleicher Gipfel - diesmal allerdings über den steilen Nordgrat. Den Unterschied zur Aufwärm-Tour vom Vortag bekam die Gruppe schnell zu spüren. Die Anstrengung begann mit einem Anstieg auf Ski, gefolgt von einer Tragepassage über den steilen Nordgrat nach oben. Von Guide Felix geführt schafften aber alle Teilnehmer den Gipfel ohne Probleme, bevor die gemeinsame Abfahrt über die Südseite alle Strapazen vergessen ließ. Zurück an der Hütte durchkreuzten dunkle Gewitterwolken über dem Großglockner und drohendes Unwetter die Pläne für ein gemeinsames Eisklettern am Nachmittag. Stattdessen gab es Ersatzabenteuer satt. An einem 30 Meter hohen Cliff wurde mittels verschiedener Seiltechniken Abseilen und Wiederaufstieg ohne fremde Hilfe geübt. Für die Freestyler Nervenkitzel pur.
Am letzten Tag stand der Aufstieg zum Mittleren Bärenkopf gemeinsam mit Hüttenwirt Wolfgang Hackl auf dem Programm. Mit dem geübten Skifahrer und Bergführer ging es über flache Gletscherhänge und einem leichten Grat zum Gipfel. Dabei arteten sowohl Anstieg als auch Abfahrt zu einem Wettrennen aus - kein Wunder bei Guide Wolfgangs Skifahr-Motto: „Jede Kurve ist ein Zeichen von Angst“.

Rückbesinnung auf alte Tugenden
Nach der Abfahrt zurück zur Hütte trafen sich die Athleten schließlich mit Hüttenwirt, Bergführer und Trainerstab zum Abschlussgespräch. Im gemeinsamen Gespräch wurde allen bewusst, dass die vier Tage bei allen Spuren hinterlassen hatten. Beim Trip an den Großglockner hatten sich alle auf Tugenden wie gegenseitige Hilfe, Rücksichtnahme, Teamfähigkeit, Selbstvertrauen, Risikomanagement und das Bekämpfen des „inneren Schweinehundes“ besonnen. Tugenden, die zum Frestyle-Sport genauso gehört wie Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer.

Positives Fazit vom Cheftrainer
„Die Tage am Großglockner würde ich als Bungee-Jumping mit deutlicher Ausdauerkomponente bezeichnen - quasi als Angstbewältigung mit Muskelkater. In unserem Sport haben wir ja mit beiden Problemen zu kämpfen“, resümierte Freestyle-Cheftrainer Enno Thomas und ergänzte mit einem verschmitzten Seitenblick auf seine geplätteten Probanden: „Wenn ich unserem Ausflug einen Namen geben müsste, würde ich es als ’Ergänzungstraining mit psychologischen Methoden zur Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit’ betiteln.“

Ein herzliches Dankeschön an den Hüttenwirt der Oberwalder Hütte auf dem Großen Burgstall, Wolfgang Hackl, ohne den der Trainingstrip nicht möglich gewesen wäre.

Ein Bericht von Erhard Schwarz.
Bilderstrecke zu dieser Meldung
2012-07-12
Stand: 19.04.2024
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